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Parteien zur Bundestagswahl

von Mario Wimmer

Man kann sich als aufgeklärter Bürger und Wähler in Deutschland kurz vor der Bundestagswahl 2009 eigentlich nur noch selbst bemitleiden. Das Land steht vor grundlegenden Entscheidungen deren für oder wider das Leben in der Bundesrepublik auf Jahrzehnte prägen werden: der Bundeswehreinsatz in Afghanistan, der Umgang mit der Finanz- und Wirtschaftskrise, der Ausstieg aus dem Ausstieg in die Atomenergie und das Abwägen liberaler Bürgerrechte gegen eine wie auch immer geartete Bedrohung durch globalen Terrorismus.

Die Zeit wäre reif für die großen Debatten und visionäre Konzepte. Die Zeit wäre reif, dass Politik wieder in ihrer ureigensten Form sichtbar würde: als zentrale Institution gesellschaftlicher Entscheidungsfindung und Selbststeuerung. Stattdessen sind ihre Akteure um nichts mehr bemüht als einen Wahlkampf zu führen, in welchem die Bürger möglichst nicht begreifen sollen welche weitreichenden Entscheidungen die von ihnen am 27. September Gewählten treffen werden. Probleme werden in diesem Wahlkampf nicht thematisiert sondern maximal noch emotionalisiert. Und die Medien, selbstgerechte vierte Gewalt im Staat und schon aus Aufmerksamkeitsgründen mehr auf Emotion statt Information bedacht, spielen fröhlich mit. Keine hoch informative Gesprächsrunde in der auch nur ein Satz zu Ende gebracht werden könnte ohne dass der Sprecher von einem der Mitdiskutanten ohne jede Rücksicht auf Gesprächskultur oder der Moderatorin, die „da noch einen Einspieler zum Thema vorbereitet hat“, unterbrochen würde. Noch vorhandene Konzepte – von “Medienexperten” sowieso schon in entstellende Phrasen verhackstückt – werden im Talkrundenhäcksler mit seinen ständigen Unterbrechungen durch Mitdiskutanten, “anschaulichen” 30 Sekündern, Publikumsfragen und sich selbst inszenierenden Moderatoren endgültig zur nichtssagenden Kakophonie. Die Selbstpräsentation hat sich von einer ergänzenden zur fast ausschließlichen Funktion der Politik gewandelt, die Reduktion der Inhalte hat ein Niveau erreicht das an den Grenzen zur kompletten Inhaltsleere kratzt. Eine Kanzlerin deren herausragendste Charakteristik das vorsichtige herbeitaktieren und austarieren von Nicht-Aussagen und Nicht-Entscheidungen ist, eine Arbeiterpartei die sich von eben diesen Arbeitern und kleinen Leuten radikal abgewandt hat, eine liberale Partei deren Linie in Punkto Bürgerrechte und Sozialpolitik ein grobes Missverständnis von „liberal“ impliziert und eine Pazifistenpartei die dem Afghanistankrieg zugestimmt hat. So sieht sie aus die politische Landschaft in Deutschland 2009, kommen sie her, wählen sie mit!

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