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Medaillen: zum Ruhme des Systems.

von Florian Naumann

Die Parallele liegt auf der Hand, Deutschland und: China, Russland, die alte DDR, oder die USA auf dem Höhepunkt des Systemkampfes. Das klingt nach einem bösen Vorwurf, aber: Will unser Land nicht unbedingt den Medaillenspiegel der Olympischen Spiele anführen – und wieviel Geld zahlt es dafür?

Sportjournalist und Grimme-Preis-Träger Jens Weinreich hat die Zahlen in seinem Blog gepostet: Allein das Bundesinnenministerium gibt im Jahr etwa 135 Millionen Euro für Sportförderung aus, davon mindestens 80 Millionen für Spitzensport. Und noch gar nicht eingerechnet ist da der Apparat, der die schnellsten Assoziationen z.B. zum Sowjetsport erbringt: Die Sportsoldaten, die in Dienst von Bundeswehr und Bundespolizei Dienst an der Waffe üben, aber in der Hauptsache trainieren und gefördert werden, zum Ruhme der Bundesrepublik Deutschland. Gerade Wintersportler sind hier stark vertreten. Auch das eine interessante Parallele: Während Deutschland Spitzensport militärisch organisiert, lehnen andere Länder, etwa Schweden, lehnen eine hierarchische Bevormundung von Sportlern ab. Dort erstellt man seine Trainingspläne selbst. – Es ist alles nicht so selbstverständlich wie man denkt.

Zurück zum Finanziellen: Auch Landesförderungen sind in der Finanzübersicht noch nicht eingerechnet. Große Beträge kommen da zusammen – gerade wenn man bedenkt, dass derzeit Städte in Finanznot reihenweise wegen kleinen Millionenbeträgen Theater, öffentliche Sportstätten und Kultur- und Sozialprogramme streichen müssen. Von Debatten um Medikamentenzuschüsse für Hartz IV-Empfänger ganz zu schweigen.

Früher diente der Aufwand der “Promotion” eines politischen Systems. Das immerhin liegt im deutschen Falle nicht mehr so klar auf der Hand. So scheint es. Aber unter dem Strich und ohne zu große Verschwörungstheorien zu bemühen: Man darf davon ausgehen, dass Geld nicht aus Idealismus und gutem Willen ausgegeben wird. Ein politisches Ziel wird es schon brauchen. 20 Jahre nach dem Mauerfall ist es freilich nicht mehr gegen konkurrierende Blöcke gerichtet: Aber siegreiche Sportler sind mit Sicherheit ein Aushängeschild für den Wirtschaftsstandort. Das Volk ist permanent unterhalten. Und nichts ist ideologiefrei – permanent oben auf: Der Wettkampf- und Konkurrenzgedanke. Ein Schelm, wer böses dabei denkt.

Keine Lanze gegen Ablenkung und einen spannenden Wettbewerb. Die Nation vereint vor dem Fernseher – das ist auf eine Weise auch etwas Schönes: Geteilte Momente. Ebenso wie die Geschichten von dem bunten, internationalen Fest der Olympischen Spiele. Auch wenn jede Geschichte von den tapfer kämpfenden Ausseitern von den Bahamas oder aus Afrika eine Selbstversicherung der eigenen Überlegenheit ist… Aber ohne Spielverderber sein zu müssen: Braucht Sport und Zusammenkunft die großen Beträge, den elitären Anspruch – warum muss Deutschland mit viel Geld Gewinner produzieren?

Und ist das bunte internationale Treffen Olympia nicht längst vor allem ein Event für Gutbetuchte, für Unternehmen und ihre Geschäftspartner? Sport ist – auch im Jahre 2010 – Mittel zum Zweck. Ein verdammt teures.

Einendes Spektakel und Inspiration für große Leistungen – oder Propaganda und Geldverschwendung. Wie ist eure Meinung?

Foto: Deutsche Mannschaft bei der Eröffnungsfeier Vancouver 2010. Von subactive photo (via flickr)

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